Im Jahr 1539 verpflichtet ein Gesetz die Genfer Drucker, mehrere Exemplare ihrer Veröffentlichungen beim Finanzgerichtshof, der sogenannten Chambre des comptes, abzuliefern. Dies war der Beginn der Genfer Pflichtablieferung, die älteste ihrer Art nach Frankreich (1537). Sie gewährleistete die Aufbewahrung der lokalen Verlagsproduktion, auch wenn sie nicht immer streng eingehalten wurde und im Lauf des 20. Jahrhunderts eine lange Unterbrechung erfuhr.
Einige Jahre später, 1562, wird die Bibliothèque de Genève zum ersten Mal als Teil der Akademie und des Kollegiums erwähnt, die Calvin 1559 gegründet hatte. Letzteres Datum bezeugt die Existenz einer echten und organisierten Bibliothek in Genf. Es ist die älteste Erwähnung einer Einrichtung dieser Art in der Schweiz nach der Basler Bibliothek (1471).
Die herausgegebenen Kataloge belegen das regelmässige Wachstum der Sammlungen: 720 Werke werden im Jahr 1572 gezählt, 1'200 in 1612, 3'500 in 1702, 15'000 in 1779 und mehr als 70'000 in 1872, dem Jahr, in dem die Bibliothek das Gebäude im Parc des Bastions bezieht, das ihr auch heute noch als Sitz dient.
Persönliche Bibliotheken wie jene von Jean Calvin, François Bonivard oder Pierre Vermigli trugen von Anfang an zur Erweiterung der Bestände bei. Indes ist der bemerkenswerteste Beitrag unter dem Ancien Régime zweifelsohne die Sammlung illuminierter Handschriften, die der Genfer Theologe Ami Lullin in Paris erworben und der Bibliothek 1756 hinterlassen hatte. Insgesamt ist das 18. Jahrhundert für Genf eine Epoche bedeutender kultureller und geistiger Regsamkeit, die von einem wirtschaftlichen Aufschwung begleitet wird und eine deutliche Zunahme der Sammlungen in der Bibliothek herbeiführt.
Die neue Verfassung, die Genf sich 1847 im Zuge der radikalen Revolution gibt, überstellt die Bibliothek in die Obhut der Stadt Genf. Trotzdem bleibt ihr Auftrag mit der Hochschullehre verknüpft, so dass sie die inzwischen zur Universität gewordene Académie in ihre neuen Räumlichkeiten im Parc des Bastions begleitet. 1907 erhält sie offiziell den Namen Bibliothèque publique et universitaire.